Manuelle Lymphdrainage (MLD)

Neben dem Blutkreislauf aus Venen und Arterien besteht unser Körper noch aus einem weiteren Flüssigkeitssystem, dem sogenannten Lymphsystem oder lymphatischen System. Als Teil unseres Immunsystems ist es für den Flüssigkeitstransport verantwortlich. Wie Blutgefässe schlängeln sich die Lymphorgane und Lymphgefässe durch unseren Körper, treffen an ausgewählten Stellen in Lymphknoten zusammen und gehen in der Nähe des Herzens in das venöse Blutsystem über.

Das Lymphsystem ist vollbeschäftigt. Jeden Tag transportiert es zwischen zwei und drei Litern Lymphe durch den Organismus. Hierbei handelt es sich um nährstoffreiche Gewebsflüssigkeit, die nicht vom Blutkreislauf absorbiert wird.

Die Lymphorgane wie Thymus, Milz oder die Mandeln produzieren sogenannte Lymphozyten, körpereigene Abwehrmechanismen gegen Krankheitserreger. Zusammen mit Stoffwechselabfallprodukten, Bakterien, Keimen und anderen schädlichen Fremdkörpern werden die Lymphozyten zu den Lymphknoten weitergeleitet. Hier filtern die Knotenpunkte gezielt krankmachende Bestandteile aus der Flüssigkeit heraus. Der Transport der Lymphozyten findet sowohl passiv als auch aktiv statt. Passiv setzt er sich durch Kontraktionen von aussen oder die Bewegungen der Extremitäten in Gang. Aktiv kommt er durch bewusste Kontraktionen der Gefässe in Schwung.

Ein Fall für die Lymphdrainage: Wann das Lymphsystem ins Wanken gerät

An seine Grenzen kommt das lymphatische System bei einer erhöhten Volumenbelastung. Dies ist zum Beispiel bei Nierenschäden oder einer Rechtsherzinsuffizienz der Fall. Anfangs kann der Körper die verstärkte Last noch aus eigener Kraft ausgleichen. Er transportiert schlichtweg mehr Lymphflüssigkeit als im Normalzustand. Irgendwann aber sind seine Reserven aufgebraucht. Es bleibt mehr Lymphe in den Gefässen zurück, was langfristig zu ernsthaften Gefässschäden führen kann.

Auch ein angeschlagenes Lymphsystem selbst stört den Fluss. Gerade bei Fehlbildungen oder nach der Entfernung von Lymphknoten ist der Körper schnell mit der herkömmlichen Lymphlast überfordert.

Ein weiterer Störfaktor sind Infektionen. Sind die Lymphknoten entzündet, schwellen sie an und beeinträchtigen den Lymphfluss.

In allen Fällen bildet sich ein Ödem. Hierbei lagert sich verstärkt eiweissreiche Flüssigkeit im Gewebe an. Die Weichteile schwellen an. Neben der Schwellung klagen Betroffene aber über weitere Symptome. Am häufigsten berichten sie von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die durch den erhöhten Druck hervorgerufen werden. Ebenfalls betroffen ist die Haut. Ihr natürlicher Schutzmantel nimmt ab, das Infektionsrisiko zu. Auch bei der Wundheilung kann es zu Problemen kommen. Der reduzierte Lymphabfluss zögert den Heilungsprozess hinaus.

Die Lymphdrainage, der äussere Motor des Lymphabflusses

Als klassische Behandlungsform von Ödemen hat sich die manuelle Lymphdrainage, MLD, bewährt. Hierbei handelt es sich um eine sanfte Oberflächenmassage, die die angeschlagenen Partien mit leichten kreisförmigen Pump-, Dreh- und Schöpfgriffen bearbeitet. Oberste Priorität hat bei der Lymphdrainge der richtige Druck. Da sich die Lymphgefässe relativ nah an der Oberfläche bewegen, können sie leicht eingedrückt und in ihrem Lymphabfluss gestört werden. Umso entscheidender ist ein geringer Druck.

Die Lymphdrainage setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe. So transportiert sie die Lymphflüssigkeit nicht selbst durch den Körper, sondern fördert die Kontraktionen der angeschlagenen Lymphgefässe. Um sie in Schwung zu bringen, muss der Therapeut allerdings etwas mehr Druck ausüben.

Neben der Entstauung der Lymphgefässe bringt die MLD aber noch weitere wünschenswerte Effekte mit sich. Zum einen lindert sie Schmerzen, zum anderen verbessert sie die eingeschränkte Mobilität des Patienten. Selbst auf das Immunsystem kann sich die Behandlung positiv auswirken.

Wie läuft eine Lymphdrainage ab?

Eine Lymphdrainage beginnt immer an Hals und Schlüsselbein – egal, wo sich das eigentliche Ödem im Körper befindet. Der Ausgangspunkt ist aber nicht willkürlich gewählt. In der Hals- und Schlüsselbeinpartie liegen zahlreiche Lymphknoten, die es ebenfalls zu bearbeiten gilt. Ein weiterer Grund für den festen Ausgangspunkt: Am Hals schliesst sich das Lymphgefässsystem an das venöse Blutsystem an.

Anschliessend arbeitet sich der Therapeut Schritt für Schritt über den Rumpf zum Ödem vor. Am Ödem angekommen, konzentriert er sich ganz auf die geschwollene Partie. Gegen Ende der Behandlung lässt er langsam von der zentralen Behandlungsregion ab und verlagert die Massage wieder schrittweise bis zur Halspartie hinauf.

Um einem Rückfluss des Ödems vorzubeugen, schliesst sich direkt an die Lymphdrainage oft eine Kompressionsbehandlung an. Hierzu kommen häufig Kompressionsbandagen zum Einsatz, die gelegentlich mit einer dünnen Watteschicht gepolstert werden. Die zusätzliche Schicht soll unangenehme Druckstellen vermeiden. Eine weitere Möglichkeit sind individuell angefertigte, medizinische Kompressionsstrümpfe.

Wann kommt die Lymphdrainage infrage?

Verletzungen (Bruch, Bluterguss, Verstauchung)
Beeinträchtigtes Lymphsystem (speziell nach der Entfernung von Lymphknoten nach Tumorerkrankungen oder Bestrahlung)
Arthrose
rheumatische Krankheitsbilder
Schwangerschaftsödeme
nach Operationen
Wann kommt die Lymphdrainage nicht infrage?

Herzinsuffizienz
Tumoren
Fieber
schwere Entzündungen
arterielle Durchblutungsstörungen
Beinvenenthrombose
Schwangerschaften: Vorsicht bei tiefen Bauchdrainagen
besonders niedriger Blutdruck
Welche Risiken birgt eine Lymphdrainage?

Für gewöhnlich verläuft die Lymphdrainage ohne Komplikationen. Wird die Behandlung ordnungsgemäss von einem geschulten Physiotherapeuten durchgeführt und liegen keine gesundheitlichen Risikofaktoren wie Herzinsuffizienzen, akute Entzündungen oder Thrombosen vor, besteht kein Grund zur Besorgnis.

Was ist nach einer Lymphdrainage zu beachten?

Besondere Vorsichtsmassnahmen müssen Sie nach der Lymphdrainage nicht treffen. Allerdings können Sie dem Behandlungserfolg mit Ihrem Verhalten auf die Sprünge helfen.